Ich bin tatsächlich der einzige Gast im Haus und so genieße ich ganz allein den schönen Ausblick und das richtig leckere Frühstück.
Bei traumhafter Sonne und Temperaturen um den Gefrierpunkt geht’s los. Heute wird erst einmal der Geruchssinn angesprochen. Die Luft riecht nach Kohleheizungen, was mich sehr angenehm an frühere Reisen ins polnische Masuren erinnert. Und ein vorbeifahrender Trabi hinterlässt eine, im Abgang leicht süßliche, Duftspur, die mich noch minutenlang umwabert.
Und dann bin ich wieder in der Abgeschiedenheit des Grünen Bandes und freue mich zu sehen, wie die Natur sich ihr Terrain zurückholt, wenn man sie lässt.
Dann steht auf dem Weg vor mir etwas, was ich zunächst gar nicht identifizieren kann. Es ist ein Mufflon, eines aus einer Gruppe von ca. 25 Tieren, die sich jetzt nach und nach zeigen.
Mufflons sind wunderschöne Wildschafe aus dem Mittelmeerraum, die schon vor ca. 200 Jahren als Jagdwild in Deutschland eingeführt wurden, aber trotzdem insgesamt nur in geringer Zahl bei uns vorkommen.
Ich erkenne einen alten Widder mit stark gedrehten Hörnern, einige Jungwidder und eine ganze Reihe weiblicher Tiere. Ich höre einen lauten Knall, als zwei junge Böcke mit den Hörnern aufeinander losgehen und es tollen sogar einige pechschwarze Lämmchen zwischen ihnen herum. Und über ihnen muss sich ein Rotmilan gegen zwei aggressive Kolkraben zur Wehr setzen. Was für Bilder!
Wir haben wohl die gleiche Wegrichtung, denn die Tiere begleiten mich noch ca. 10 Minuten, immer im Abstand von ungefähr 100 Metern. Wunderbar!
Kurz vor Hötensleben, dem nächsten Ort, komme ich an dieser mächtigen alten Weide vorbei.
Im Grenzmuseum von Hötensleben führt der Wanderweg unmittelbar an nachgebauten Grenzschutzanlagen mit Kolonnenweg, Kontrollstreifen und Metallgitterzaun bzw. Betonmauer vorbei. Unvorstellbar, dass sich diese Anlagen über 1400 km quer durch unser ganzes Land zogen. Und das ist noch gar nicht so lange her.
Wie schön jetzt wieder ganz in der Natur zu sein. Die Szenerie hat sich komplett verändert. Das Große Bruch liegt hinter mir und ich bin jetzt in der leicht hügeligen ehemaligen Braunkohleabbauregion unterwegs.
Neben dem Weg ein dichtes Gewirr aus Weißdorn, Heckenrose und vielem mehr.
Die mittägliche Rast findet mich an einem mit Wasser vollgelaufenen Tagebauloch mit Gänsen, Kormoranen und Haubentauchern.
Hier kann sich ungestört wieder wilde Wildnis entwickeln.
Was mag hier in 6-8 Wochen für ein Leben sein, wenn alles grünt und blüht und surrt und zwitschert.
Die Revolte der Wildschweine greift um sich!
So wandere ich am Liebsten!
Schließlich erreiche ich Harbke, einen Bergbauort, seit man dort mit der „Ölkrise“ 1976 mit dem Abbau von Braunkohle begonnen hat. Der Abbau endete 2017 und die Gruben werden jetzt in großen Bereichen renaturiert.
Ich komme in einer Gästewohnung der örtlichen Wohnungsgenossenschaft unter, fühle mich hier sehr wohl und beende den Tag mit einem Streifzug durch den, von mir nicht erwarteten, Schloßpark, mit schönem alten Baumbestand.
Gleich am frühen Morgen grüne sonnendurchflutete Natur in meine Augen (leider nur auf dem Display…) Das tut meiner Seele gut nach den 7 Uhr Nachrichten!!! Einen schönen weiteren Tag auf dem grünen Band! LG Margret
Das erste Bild romantisch gefunden. Über Einheitsbuddeln gelacht , die Vielfalt der Natur bestaunt und mich gefreut für dich dass du immer noch so tolles Wetter hast. Einen schönen Abschluss der Wanderung wünsche ich dir.
Irene
„Die Revolte der Wildschweine“ Ein schöner Alternativtitel für Deinen Bericht, der wie immer kurzweilig und zugleich informativ ist.