Kurz nachdem die Sonne hinter den Bergen verschwunden ist, frischt der Wind auf und bald darauf beginnt es zu regnen. Regen und Wind halten die ganze Nacht an und es zieht und zergelt ordentlich an meinem Zelt. Der Regen prasselt auf die Aussenhülle und es braust und knattert und pfeift. Im Schlafsack ist es mollig warm und ich will eigentlich nicht raus, gerade wenn ich auf die vielen Mücken schaue, die es sich zwischen Außen- und Innenzelt gemütlich gemacht haben.
Aber als der Regen etwas nachlässt, nutzen wir natürlich die Chance, bauen die Zelte ab und marschieren los. Das Handy und damit auch die Kamera bleiben heute wasserdicht verpackt im Rucksack.
Der Weg ist schwierig. Durch den anhaltenden Regen ist der Weg oft aufgeweicht. Weil wir in tiefere Regionen kommen, ist der Untergrund oft nicht mehr felsig, sondern besteht aus Torf, Matsch und ähnlich unberechenbarem Material. Selbst die Holzbohlen, die über sumpfigem Gelände ausgelegt sind, stehen oft unter Wasser und sind damit rutschig.
An vielen Stellen will wirklich jeder einzelne Schritt ganz genau überlegt werden. Gebrochene Haxen will hier niemand riskieren. Und doch haut es mich drei Mal um. Wenn 100 Kilo Schwungmasse, Körpergewicht plus Rucksack, ins Wanken kommen, ist eben kein Halten mehr. Aber ich kann mich jedes Mal gut abfangen.
Nur einmal lande ich unglücklich auf meinem Wanderstock. Zuerst habe ich Angst, dass er nicht mehr brauchbar ist, aber durch Drehen der Elemente in den Teleskophalterungen bekomme ich wieder Stabilität in den Stock. Aber das Vertrauen in meine Trittsicherheit ist doch etwas angeknackst.
Irene meistert die Strecke ohne Ausrutscher, weist mich noch auf besonders schöne Blumen hin und pflückt Sauerampfer und Löwenzahnblüten, die für einen lecker frischen Geschmack und Vitaminnachschub sorgen. Toll!
Wir sind echt froh, als wir am späten Nachmittag die Hütte Sammarlappa erreichen.
Unter einigen Wanderern, die vor uns angekommen sind, herrscht Aufregung. Nach der Wetterprognose wird es morgen noch mehr regnen als heute. Das könnte bedeuten, daß die Flussquerung, in 8 km Entfernung, dann nicht mehr passierbar ist. Sie beschließen die Strecke noch heute hinter sich zu bringen.
Wir beschließen zu bleiben. Einmal, weil wir die Erfahrung gemacht haben, dass Wetterprognosen hier meist eh nicht zutreffen und dann aber auch, weil unser Prinzip Zuversicht uns bisher ein guter Begleiter gewesen ist.
Die Hütte hat eine traumhafte Lage, direkt am Fluss. Hier treffen wir auch wieder auf die beiden netten Schweden, Max und Diana. Wir schnacken den ganzen Abend und die Themenpalette reicht von Bullerbü über essbare Pilze, die Lebenswelt junger Schweden und die Ähnlichkeit unserer Sprachen bis zum Klimawandel und seinen Auswirkungen auf die nordische Natur. Max hat lange als „field- assistent“ für Klimaforscher in der Nähe von Schwedens höchstem Berg, dem Kebnekaise, gearbeitet und in den 10 Jahren seiner Tätigkeit selbst das erschreckende Zurückweichen der Gletscher beobachten können.
Ein interessanter Abend mit zwei aufgeschlossenen jungen Menschen. Gut, daß wir geblieben sind.
Toll, daß man gerade auf solchen Wegen auf interessante, interessierte und weltoffene Planetenmitbewohner trifft!
Hallo, wir wandern gerade am Grünen Band und sind täglich fasziniert von deinen Berichten, eurer Reise! Zuversicht begleitet uns auch und die Freundlichkeit der Menschen , und trotz jaulendem Körper wissen wir uns hier absolut in der Komfortzone! Vielen Dank für die eindrücklichen Beschreibungen. Herzlichen Gruß Gudrun und Silke
Hallo Gudrun, hallo Silke, wie schön von euch zu hören. Das war wirklich eine ganz großartige Tour, die Irene und ich gemacht haben.
Ich hätte große Lust mich mal mit euch zu treffen und Wandererfahrungen auszutauschen. Was meint ihr?