Sie sind wieder unterwegs – Gänse und Kraniche im Moor

Ihre Rufe hatte ich in den letzten Tagen schon gehört, auch einige kleine Gruppen von Gänsen und Kranichen hatte ich schon gesehen. Nun wollte ich wissen, ob sie sich auch schon in größeren Verbänden sammeln, ob der Herbstzug schon begonnen hat.

Es ist der 22. September, einen Tag vor Herbstanfang, als ich mich, mal wieder vor Sonnenaufgang, auf den Weg mache, dieses Mal zum Huvenhoopsmoor bei Gnarrenburg.

Der Kranichbeobachtungsturm bei Forstort-Anfang ist eine wirklich komfortable Möglichkeit mitten in der Natur zu sein, ohne irgendwelche Tiere zu stören. Durch einen kleinen Birkenwald erreicht man den Turm, ohne  vom offenen Moor aus wahrgenommen werden zu können. Von oben hat man einen weiten Blick über die Flächen, auf denen kein Torf mehr abgebaut wird und auf denen das Moor wieder renaturiert werden soll. Diese Gebiete werden gern von Gänsen, Kranichen und anderen Vögeln als Rastplätze angenommen.

Noch ist bei dem wenigen Licht und dem Morgendunst kaum etwas zu erkennen.

Als sich, ungefähr eine halbe Stunde vor Sonnenaufgang, der Himmel ganz langsam zu verfärben beginnt, machen sich erste Aktivitäten bemerkbar. Zuerst sind es nur vereinzelte Rufe, aber nach und nach wird das Trompeten und Schnattern lauter und erste Ketten von Vögeln erheben sich in die Luft. 

Es werden immer mehr, aber leider sind sie meist nur in größerer Entfernung zu sehen. Ich vermute, daß die meisten einige Kilometer von hier entfernt, bei der sogenannten „Kranichschanze“ bei Glinstedt, die Nacht verbracht haben. Dort werde ich es beim nächsten Mal noch einmal probieren.

Heute Morgen begeistert mich hier vor allem der traumhafte Sonnenaufgang.  

Gleißend hell wird das Sonnenlicht von den Dunstschwaden reflektiert.

Aus dem Turm heraus wirkt es fast so, als ob ein außerirdisches Raumschiff vor der Tür gelandet wäre. Ein, im wahrsten Sinne des Wortes, strahlender Morgen.

Wunderschön anzuschauen auch die Spinnennetze, schwer vom Tau und angestrahlt von der Morgensonne.

Das war ein letzter, aber prächtig leuchtender Sommermorgen hier im Moor. Ab morgen beginnt der Herbst.

Drei Wochen später bin ich wieder da. Ich liebe diese ganz frühen Morgenstunden, wenn es noch ganz still ist, die Umgebung geheimnisvoll wirkt und die Welt irgendwie noch in Ordnung ist.

Von der Kranichschanze aus kann ich im ersten Licht des Tages Wildgänse sehen, die geschützt durch die Wasserflächen, hier übernachtet haben.

Aber es dauert nicht lange, bis die ersten Gruppen in der Luft sind.

Und es werden immer mehr.

Überall sind sie jetzt. Sie kommen auf mich zu, fliegen an mir vorbei und über mich hinweg. Es müssen viele Tausend sein, über dem ganzen Moor fliegen Gänse und die Luft ist erfüllt von ihrem Schnattern, von ihren Rufen und dem Rauschen ihrer Flügel. Ich kann mich nicht erinnern je so viele dieser Vögel aus so großer Nähe beobachtet zu haben.

Aber wo sind die Kraniche!

Im Dämmerlicht hatte ich hier einen alten Torfstich mit abgestorbenen Birken vermutet. Jetzt erkenne ich, daß es viele Kraniche sind, die hier im Wasser stehen und sich auf den Start auf die Maisfelder vorbereiten.

Erst als sich die Gänse-Hektik auf den „Startbahnen“ etwas gelegt hat, beginnen auch sie langsam sich zu erheben.
Viele von ihnen fliegen gleich in östlicher Richtung aus meinem Blickfeld heraus…

…aber einige ziehen auch, wunderbar zu sehen, direkt an meinem Beobachtungsplatz vorbei.

Langsam zeigt sich die Sonne jetzt am Horizont…
…und bald sind auch die letzten Kraniche abgeflogen und es wird wieder still hier im Moor.

Ich finde es so schön, daß wir in einer Region leben, in der man solche großartigen Naturerfahrungen gar nicht weit von der eigenen Haustür entfernt machen kann und wir sollten alles dafür tun, daß es auch so bleibt.

Der Schutz unserer letzten Moore ist nicht nur notwendig, damit hier gefährdete Arten einen gesicherten Lebensraum finden, sondern auch weil in einem lebenden Hochmoor viel schädliches CO2 gespeichert werden kann. Und nicht vergessen sollten wir, daß die Begegnung mit der Natur, ob mit der Sonne, dem Licht, den Tieren oder den Pflanzen immer auch Spuren in uns selbst hinterläßt.

4 Kommentare auch kommentieren

  1. Jupp sagt:

    …du hast es einfach drauf…danke!

  2. Irene sagt:

    Lieber Volker, Du schaffst es immer wieder die ganz besondere Atmosphäre, den Moment, den Augenblick im Inne-halten, der flüchtig; aber auch irgendwie ewig zu sein scheint, einzufangen. Danke für die schönen Bilder und mitnehmenden Kommentare.

  3. Stefan sagt:

    Moin Volker,
    eine schöne Erinnerung an unseren gemeinsamen Morgen bei den Kranichen. (Dein zweiter Tag.) Das war echt ein toller Morgen den Du gut „eingefangen“ hast.
    Liebe Grüße aus Bremen

  4. Erich von Hofe sagt:

    Lieber Volker,
    faszinierend, deine Fotos und die passenden Beschreibungen dazu. Du hast eine Idee und setzt sie zeitnah um. Das Eergebnis finde ich immer wieder klasse.
    Erich

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