Das *Grüne Band“ Wandern im wilden Deutschland – Tag 23

Gestern bin ich angereist.

Über den hektischen Bahnhof der Weltstadt Hamburg nach Zarrentin am Schaalsee.

Nach einem ziemlich vollgestopften Regionalzug in Richtung Rostock, fahre ich das letzte Stück mit einem supernetten Taxifahrer, der gleich ein bisschen Sightseeing für mich in die Fahrt mit einbaut. Ein toller Start!

Ich habe dieses Mal ein paar Tagesetappen ausgelassen, weil gerade die Region „Biosphärenreservat Schaalsee“ im Herbst, wegen der Zugvögel, besonders interessant zu werden verspricht. Den fehlenden Weg zwischen Hitzacker und Zarrentin werde ich im nächsten Frühjahr nachholen.

Jetzt bin ich aber erst einmal hier.

Heute bin ich schon vor dem Frühstück am See. Die schöne Morgenstimmung will ich mir nicht entgehen lassen.

Mit diesem kleinen Gedicht aus der Klosterbibliothek starte ich in Richtung Norden. Die Grenze verlief unmittelbar am Ostufer des Sees, das Ufer gehörte also zur DDR und die gesamte Wasserfläche zur Bundesrepublik.

Zunächst begegne ich noch dem Teufel, der hier aber, wie ich finde, eher freundlich dreinschaut. Es gibt nämlich eine Sage um die Maränen im Schaalsee und natürlich ist hier mal wieder der Teufel ordentlich über’s Ohr gehauen worden.

Das Seeufer zeigt sich schon ein bisschen herbstlich …

…und obwohl Fischer und Angler ihn nicht mögen, ich mag diesen frechen, schwarzen Gesellen (Kormoran), der auch schon so früh aktiv ist.

Überall fällt mir auf, dass das Wasser glasklar ist und ich folge dem schönen Uferweg, bis ich die Badestelle bei Schaliß erreiche.

Im Rahmen der „Grenzsicherung“ mussten die Bewohner dieses Dorf verlassen und ihre Ferienhäuser am See verkaufen, die dann zum Feriendomizil für einen General der Grenztruppen wurden.

So ein schöner Wanderweg. Eichen jeglichen Alters säumen ihn.

Ein paar Kilometer Fahrradweg lassen sich nicht umgehen, dann tauche ich aber wieder in den Wald ein.

Fast urwaldähnlich wirkt dieser Erlenbruchwald, der durchmischt ist mit Hainbuchen, Eichen, Buchen, Haselsträuchern und vielem mehr.

Ich komme kaum voran, weil es immer wieder etwas Neues zu sehen gibt.

Diese große Eiche hat bestimmt schon mehrere hundert Jahre auf dem Buckel.

Gänse fliegen immer wieder in großen Scharen über mich hinweg

und auch Kraniche, die nach warmen Aufwinden suchen.

Was für ein schöner Tag zum Wandern.

Schließlich erreiche ich, vorbei an diesem schön restaurierten Brückenhaus, die Stintenburginsel. Sie gehört zum Rittergut der Grafen von Bernstorff. Der Besitz wurde von den Nazis enteignet, nachdem Albrecht Graf von Bernstorff wenige Tage vor Ende des 2. Weltkrieges wegen Hochverrats hingerichtet wurde. Im Gutsgebäude wurden von 1973 bis 1986 sogenannte „Grenzaufklärer“ in Methodiken von Observation, Konspiration usw. professionell ausgebildet. Mit der Wende kam das Gut wieder in Familienbesitz zurück.

Bei all der düsteren Vergangenheit ist es aber auch einfach schön hier.

Und ich freue mich über die tiefschwarzen Wasserbüffel, die hier zur Landschaftspflege eingesetzt werden. Mit den nassen, sumpfigen Böden kommen sie gut zurecht.

Regelrecht erschüttert bin ich von dieser alten Eiche, die nach einem Weg durchs Unterholz plötzlich vor mir steht. Wie ein uralter Elefantenbulle oder besser noch ein Mammut steht sie vor mir und sie scheint mich sogar anzuschauen. Sie wurde schon vor über 250 Jahren dem berühmten, deutschen Dichter Klopstock gewidmet, der sich in die Landschaft hier verliebt hatte.

Und da sind sie wieder, die Lochbetonplatten des alten Kolonnenwegs der DDR-Grenztruppen, auf denen ich schon so viele Kilometer gewandert bin.

Ich erreiche Lassahn, wo die Kirche gerade einen blitzblanken, neuen Hahn auf die Spitze bekommen hat,

wo man aber auch noch viel ältere, nicht unbedingt christliche Symbole, auf den Bauernhäusern findet.

Schöne Farben hat der Herbst parat: blaue Schlehenbeeren

orangefarbene Hagebutten

und die leuchtend blauen Blüten der Wegwarte, die ich so gern mag.

Der Rufbus holt mich pünktlich ab und bringt mich morgen früh wieder hierher, damit ich meine Wanderung fortsetzen kann. Es gab keine Unterkunft zwischen Zarrentin und Ratzeburg. Wie gut, dass es öffentliche Verkehrsmittel und das Deutschlandticket gibt.

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  1. Margret Strohbach sagt:

    Na denn freue ich mich schon auf weitere Berichte vom „Grünen Band“! Leider müssen wir Dich am Mittwoch vermissen, wie ich von Angela hörte.
    Ich wünsche Dir viel wunderbare Herbstsonne zwischen den Bäumen! LG Margret

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