Am Donnerstag den 20.6.2024 war Sommersonnenwende. Der längste Tag und die kürzeste Nacht dieses Jahres.
Da möchte ich draußen sein und die Sonne bis zu ihrem Untergang (21.54 Uhr) begleiten. Der Wetterbericht sieht allerdings überhaupt nicht gut aus und es nieselt sogar ein bisschen, als ich gegen 19 Uhr ins Auto steige. Egal! Meine Erfahrung ist, dass es immer irgendetwas Spannendes zu sehen und zu erleben gibt, wenn ich unterwegs bin.
Ich möchte zu den Steingräbern in unserer Nähe und den Abend ganz in Ruhe an diesen mystischen Plätzen verbringen.
Das erste Grab liegt im Steinfelder Holz.
Ich war Ende Dezember des letzten Jahres schon einmal hier, als es ein wenig geschneit hatte. Ich mag die Ruhe und die besondere Ausstrahlung dieses Ortes.
Über 4000 Jahre ist es alt, so alt wie die Pyramiden in Ägypten. Unsere bäuerlichen Vorfahren sollen dazu die tonnenschweren Findlinge mit einfachen Hilfsmitteln, wie Hebebalken und Rollen aus Baumstämmen bewegt haben. Kaum vorstellbar und sehr beeindruckend.
Und nachdem ich, kurz darauf, in der Caspar David Friedrich-Ausstellung dieses Bild „Hünengrab im Herbst“ gesehen hatte, hatte ich mir vorgenommen mir einmal Ruhe und Zeit für „unsere Hünengräber“ zu nehmen. Der Mittsommerabend scheint mir eine passende Gelegenheit dafür zu sein.
Nicht weit vom ersten Grab entfernt findet sich diese große, aufwändig restaurierte Anlage, in der man sogar in die Grabkammer hineinsteigen kann.
Während ich versuche mir vorzustellen, wie es wohl war, als hier vor so langer Zeit Menschen bestattet wurden, höre ich über mir zwei Raben, die sich im Flug in krächzendem Ton miteinander unterhalten. Ob es wohl Hugin und Munin sind, die beiden Raben Odins, die ihm Nachrichten aus der Welt zutragen?
Seltsam, auf was für Gedanken man kommt, wenn man in dieser Umgebung ganz allein unterwegs ist. Menschen habe ich noch keine getroffen und selbst der Wind schweigt, an diesem schönen milden Abend.
Mein eigentliches Ziel ist aber die Steinalkenheide, ein Hügelgräberfeld aus der Zeit von 2500 vor Christus bis 500 nach Christus, also von der jüngeren Steinzeit bis zur Eisenzeit.
Im Winter konnte ich einen guten Eindruck von der ganzen Fläche bekommen. Jetzt verschwinden die Grabhügel fast unter der wuchernden Bodenvegetation. 70 von ihnen gibt es hier. Das größte vorgeschichtliche Gräberfeld im Landkreis Rotenburg.
Das Gebiet liegt in der Nähe von Oldendorf, und so weit von Ortschaft und Straßen entfernt, dass ich hier nur Naturgeräusche wahrnehme.
In den Getreidefeldern am Rande der Heide höre ich gleich mehrere Wachtelhähne mit ihrem typischen Ruf: „pückwerück, pückwerück, oder im plattdeutschen: “ Putt full Grütt, Putt full Grütt“.
Richtig viele Ackerwildkräuter stehen hier noch. So bunt sahen die Felder aus, als ich noch Kind war.
Das gefällt mir richtig gut.
Ganz langsam und ganz entspannt streife ich auf einem schmalen Trampelpfad durch Heide, Brombeeren und hohes Gras.
Der Vogelgesang wird langsam leiser. Das Schwarzkehlchen hatte ich gehört, auch den Fitislaubsänger. Jetzt fliegt ab und zu noch eine Waldschnepfe mit ihrem typischen murkenden Ruf über mich hinweg. Selten ist er bei uns geworden der „Murkerich“, wie ihn Hermann Löns, der Heidedichter, genannt hatte.
Die Sonne sinkt und scheint hier noch einmal auf ein Steingrab, das am Rande des Gräberfeldes wieder aufgerichtet wurde.
Steinalkenheide beinhaltet das Wort Alken, zwergenhafte Naturwesen, die hier leben sollen. Das „kleine Volk“, das man auch in Island und anderen nordischen Ländern kennt.
Ein paar Male bin ich mir nicht sicher, ob ich wirklich noch allein bin oder ob da nicht etwas neben mir steht. Aber nichts Beängstigendes ist es.
Der Abend ist einfach mystisch.
Und er endet mit einem Farbenspektakel.
Die Sonne ist gerade hinter dem Horizont verschwunden,
da schickt sie all ihre Leuchtkraft noch einmal über den Himmel.
Das ist wirklich wunderbar.
Ich setze mich ins Gras neben die uralten Findlinge und bin irgendwie in eine andere Welt entrückt.
Der längste Tag ist vorbei. Jetzt ist Sommer.
Den längsten Tag, habe ich dieses Jahr am Meer verbracht und erlebt, wie das Licht die Windflüchter angestrahlt hat, als wollte es sich noch einmal auf verschwenderische Weise -wie bei den Steinalken- zeigen. Ich freue mich dass du dem midsommer einen Beitrag gewidmet hast.
Lieber Volker,
Ein dickes Dankeschön an Dich!
Wundervoll und zauberhaft sind Deine mit uns geteilten Eindrücke. Und die beiden Worte können nicht passender formuliert sein…
Ich liege gerade in einer Hängematte und die Sonnenstrahlen blitzen durch das volle Laub in mein Gesicht. Du könntest mir sagen, welche Vögel mir gerade die Atmosphäre so verschönern.😊
Die langen Sommertage sind etwas sehr Besonderes. Unsere Nichte aus Costa Rica, die uns ein paar Tage besuchte, staunte darüber sehr. Bei ihr zuhause sind die Tage im Jahr immer ca 17 Uhr /18 Uhr zuende.
Lieber Gruß Sibylle
Das war eine gute Idee von dir, den Midsommer bei den Steinalken in wunderbaren Bildern festzuahlten. Da stellt sich schon die Frage, wie die Menschen vor langer Zeit in dieser Gegend wohl gelebt haben. Mit den schönen Fotos von dir ist der Sommer nun da. LG Erich