Wolfsmond

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Wolfsmond wird der Vollmond im Januar genannt. Der Begriff soll auf die nordamerikanischen Ureinwohner zurückzuführen sein. Im Januar war es dort bitterkalt und alles mit Eis und Schnee bedeckt. Die Natur war still und als einziges Geräusch war nur das Heulen der Wölfe zu hören.

Der Wolf fasziniert mich schon lange und Mondnächte begeistern mich, seit ich nicht mehr im Arbeitsprozess bin und Zeit habe auch sehr spät und auch sehr früh unterwegs zu sein. Also muss ich raus!

Vollmond ist am Montag, den 13.1., weil aber offenes Wetter für dieses Wochenende vorhergesagt ist, buche ich bereits für Samstag/Sonntag ein Zimmer in Wilsede, einem autofreien Ort, mitten in der Nordheide. Mein Auto parke ich in Undeloh und starte meine Wanderung Richtung Radenbachtal.

Blauer Himmel und Sonnenschein, wie lange schon haben wir darauf gewartet.

Die Landschaft hier ist geprägt von Heide, Magerrasen und Wacholder.

Schon nach wenigen Kilometern begegnet mir dieses Dülmener Pferd, das hier mit seinen Artgenossen eingesetzt wird, um die Landschaft offen, dass heißt frei von Bewuchs, zu halten. Ganz ruhig steht es da und nutzt den Platz in der Sonne, um sich nach der frostigen Nacht aufzuwärmen.

Weiter geht’s, immer in Sichtweite des Baches, zuerst Richtung Döhle und dann ca. 5 km geradeaus nach Wilsede.

Der Mond geht heute um 14.30 Uhr auf. Ich bemerke ihn aber erst, als er schon hoch am Himmel steht. Trotz Tageslicht ist er schon richtig gut zu erkennen.

Genau auf der anderen Seite des Himmels verschwindet jetzt langsam die Sonne. Ich erreiche mein Quartier und freue mich nach dem kalten Tag auf ein warmes Essen. Ich habe heute eigentlich nur gefrühstückt und träume von einer großen Portion Grünkohl.

Und die gibt’s tatsächlich und auch noch nette Gespräche mit anderen Gästen dazu. Ich war schon so manches Mal hier und fühle mich immer wieder wohl im „Gasthaus zum Heidemuseum“. Weit weg von Hektik und Verkehrslärm scheint hier die Welt noch in Ordnung zu sein. Das tut gut, auch bei all den düsteren Meldungen, die uns jeden Tag aus der ganzen Welt erreichen.

Der Mond steht hell und klar am Himmel. Sein Licht ist so intensiv, dass ich ohne Stirnlampe gehen kann und sogar einen deutlichen Schatten werfe. Eine besondere, eine mystische Atmosphäre. So hatte ich es mir vorgestellt und genau das will ich fotografisch einfangen. 

Nach 2 Stunden bin ich wieder zurück, ohne ein brauchbares Ergebnis, völlig durchgefroren und mit so klammen Fingern, das ich nur mit Mühe die Haustür aufschließen kann. Ja, so geht es einem, wenn man etwas zu sehr will. Noch nicht einmal heulende Wölfe habe ich gehört, obwohl ich doch im Streifgebiet des Schneverdinger Rudels unterwegs war.

Am nächsten Morgen mache ich alles anders. Ich stehe zwar schon um 7 Uhr auf, stecke mir aber keine Ziele, sondern gehe einfach los. Mal schauen, was mir begegnet. Es sind noch anderthalb Stunden bis Sonnenaufgang, aber im Nordosten wird es schon langsam hell.

Und dann bin ich genau zur richtigen Zeit an genau dem richtigen Ort.

Ich „erwische“ den orangeroten Mond, von einer kleinen Anhöhe aus in dem Moment, als er hinter den Wilseder Eichen untergeht.

Wie soll man einen solchen Anblick beschreiben? Mir fehlen die Worte.

Und dann geht auch noch, strahlend schön, die Sonne über dem Totengrund auf. Was für ein Morgen!

Lecker und gemütlich frühstücken, Rucksack packen und dann geht es wieder los.

Herrlich diese klare, kalte Morgenluft.

Und wieder habe ich Glück. Der Schäfer ist gerade mit seinen Heidschnucken und Ziegen aufgebrochen. Ich treffe die Herde direkt an meinem Weg.

Lange schaue ich ihnen zu. Zu hören ist nur das „knurpsende“ Geräusch, wenn viele, viele Schafe gleichzeitig das Heidekraut abweiden.

Während die Schafe am Boden knabbern, recken die Ziegen sich nach herunterhängenden Zweigen.

Es fällt mir schwer mich von diesem Anblick zu trennen, aber ich will ja auch noch ein bisschen vorankommen.

Ich wandere jetzt über ein langgezogenes Hochplateau. Birken, Heide, ab und zu ein eiszeitlicher Findling und vor allem die Weite der Landschaft begleiten mich auf den letzten Kilometern.

Und dann begegne ich noch einmal den Dülmener Pferden. Sehr robuste Tiere sind es, die das ganze über draußen sind. In ihren Adern fließt noch viel Wildpferdblut und es ist für mich immer wieder eine große Freude diese kräftigen, stolzen Tiere in dieser naturnahen Umgebung zu beobachten.                                                        

Und dann bin ich wieder zuhause, sitze an meinem Schreibtisch und schreibe an diesem Beitrag, da schaut er zum Fenster herein, jetzt perfekt gerundet, der Vollmond im Januar, der Wolfsmond.

6 Kommentare auch kommentieren

  1. Angela sagt:

    Deine traumhaften Bilder nehmen mich mit in diese wunderbare Heidelandschaft. Immer wieder zeigst du, wie schön es ganz in unserer Nähe ist. Toll.

  2. Margret sagt:

    Was für wunderbare Bilder. Sie lassen mich mal wieder träumend an deiner Wanderung und den herrlichen Himmelskörpern teilnehmen. 1000 Dank dafür. Ich wünschte ich hätte den Mut und die Kondition in der Realität daran teilzunehmen. Aber zum Glück gibt es ja „Volker unterwegs“!

  3. Roland sagt:

    Fantastische Bilder und auch immer wieder deine passenden Texte dazu! Toll, dass du dich für uns auf den Weg machst!

  4. Klaus Richter sagt:

    Lieber Volker, vielen Dank für diese in Wort und ganz besonders natürlich wieder Bild wunderschönen und jedes Mal auch ein wenig lehrreichen Grüße zum neuen Jahr (das gilt retrospektiv selbstredend gleichermaßen für das vergangene). Wir haben einmal Ende der 70er Jahre Anfang Januar – vielleicht war es sogar der Winter 1978/79 (als die sog. Winter noch mehr richtige Winter waren) – von Oberhaverbeck aus eine mehrstündige Wanderung nach Undeloh unternommen und wurden auf dem Rückweg ab Wilsede von einem beginnenden und dann stundenlangen so heftigen Schneefall überrascht, dass wir erst in den Abendstunden nach gefühlt stundenlangen Irrungen und Wirrungen (Handys gab‘s da noch ebensowenig wie Wölfe und an den Mond als erhellender Wegweiser war im Schneesturm gar nicht zu denken) unseren Ausgangsort erreichten. Die Straßen waren bei 20-30 Zentimeter Neuschnee für einen R4 (natürlich mit Sommerreifen) unpassierbar. Gottlob fanden wir vor Ort ein Quartier für die Nacht und konnten uns mit einem heißen Glühwein wieder auftauen und erwärmen.

  5. Sibylle sagt:

    Lieber Volker,
    eine Pause zwischendurch im täglichen Ablauf mit „Volker unterwegs“ ist einfach wundervoll! Dein Blick, Deine Kamera, Dein Unternehmungsgeist, Ihr passt herrlich zusammen 😉.
    Ich mag auch gern Deine Erkenntnisse, die Du mit uns teilst. Ich erlebe ebenfalls oft, dass eine Wunschvorstellung, eine Idee, gut sind und mir Freude machen, wenn der Wunsch dann Wirklichkeit wird. Und das klappt gefühlt „immer“. Aber der Weg dahin ist am besten behutsam, mit Aufmerksamkeit und Abwarten verbunden, nicht mit Lenken wollen. Und dann der Genuss, die Belohnung die Wunscherfüllung. Vermutlich ist das Unterwegssein mit wachem Blick und Geduld der Schlüssel. 😊

  6. Erich von Hofe sagt:

    Lieber Volker.
    Was soll ich da noch sagen? Einfach phantastische Bilder. Tolle Beschreibungen. Mir fehlen die Worte. Und das alles in unserer Nähe. Nur die Wölfe hast du nicht angetroffen. Aber das macht nichts. Man kann es sich gut vorstellen.
    Herzlcihe Grüße
    Erich

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