Das „Grüne Band“ Wandern im wilden Deutschland “ – Tag 29

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Gestern bin ich angereist. Grau war es, wolkenverhangen und auf allen Bahnhöfen war es unangenehm zugig.

Aber dann, hier bei Lauenburg an der Elbe, riß der Himmel auf und die Sonne zeigte sich.

Ein hübsches, kleines, beschauliches Städtchen. Die letzte Wanderung hatte ich hier begonnen und war den Fluss hinaufgewandert.

Jetzt werde ich ihn hinter mir lassen und nach Norden, in Richtung Ostsee laufen.

In diesem 350 Jahre alten Haus habe ich übernachtet, gut gefrühstückt und jetzt geht’s los. Mein Plan ist es mir bei dieser Tour die letzten, noch fehlenden, 4 Etappen des nördlichen Grünen Bandes zu erwandern. Dienstag Abend will ich in Boltenhagen sein.

Der Tag beginnt etwas eintönig. Die ersten 7 Kilometer laufe ich erst einmal nur über kleine Gemeindeverbindungsstraßen und durch große abgeerntete Maisfelder. Doch dann komme ich in das Naturschutzgebiet „Stecknitz-Delvenau-Niederung“, das auf 617 ha parallel zum Elbe-Lübeck-Kanal nasse Wälder und Trockenrasenflächen schützt.

Ein frischer, sonniger Morgen und es macht schon wieder richtig Spaß unterwegs zu sein. So hatte ich es mir gewünscht. Es scheint gerade so, als wenn die düsteren Wintertage schon überwunden wären.

Ein Stück laufe ich jetzt am Kanal

auf dem die Stockenten schon im schillernden Balzgefieder zu bewundern sind.

Ich biege nach Osten vom Kanal ab und laufe diesen, von Eichen gesäumten, Feldweg

bis ich auf diese Sandberge stoße.Zwei Spaziergänger erklären mir, dass hier in großem Umfang Sand aus der eiszeitlichen Endmoräne abgebaut wird.

Als ich erzähle, wie mein weiterer Weg aussieht, warnen sie mich, dass es  gefährlich wäre, wegen der Wölfe, die sich dort angesiedelt hätten. Lächelnd erwidere ich, dass ich sehnsüchtig auf eine Begegnung mit einem Wolf warte. DAS hätte ich nicht sagen sollen. Das Gespräch nimmt nun einen etwas schwierigen Verlauf, aber es gelingt mir gut mit einer eleganten Wendung wieder „Frieden“ herzustellen.

Ich kann mich dann zwar an den hübschen Reiherenten auf dem Kiesteich erfreuen, aber trotzdem wurmt es mich, dass Menschen von heute beim Thema Wolf immer noch dichter an Rotkäppchen sind als an einfachem Faktenwissen.

Auf dem weiteren Weg stoße ich dann wieder einmal auf den „Iron Curtain Trail“, einen Fahrradweg von Nordfinnland, immer entlang am „Eisernen Vorhang“ bis zum Schwarzen Meer. Begonnen hat man dieses Projekt, als man glaubte der Kalte Krieg sei überwunden. Und jetzt werden wieder Waffen geschmiedet und Menschen gegeneinander aufgehetzt.

Auf meinem weiteren Weg entdecke ich immer wieder Hinweise auf Wildschweine. Hier haben sie einen Zaun einfach plattgemacht und ordentlich gewühlt. Das kann nicht lange her sein, denn der typische Geruch ist noch deutlich wahrnehmbar.

Über diese mit Heide bewachsene Schneise, die genau dem ehemaligen Todesstreifen entspricht, erreicht man die Gedenkstätte für Michael Gartenschläger.

Er war ein aufgewecktes Kind, ein freiheitsliebender junger Mann und gegen den Mauerbau hatte er protestiert. Dafür wurde er verurteilt und verbrachte fast 10 Jahre im Jugendstrafvollzug Torgau, bis er von der BRD freigekauft wurde.

Im Jahr 1976 gelang es ihm 2 Selbstschußanlagen vom Westen aus zu demontieren, an den Spiegel zu verkaufen und damit öffentlich zu machen, was die DDR-Führung immer geleugnet hatte.

Beim 3. Versuch, der durch einen Spitzel verraten wurde, wurde er erschossen. Seine Mörder bekamen einen Sektempfang und jeweils 10.000 Ostmark.

Und dann ist die Ausschilderung und auch die Wegbeschreibung in meinem Reiseführer so mißverständlich, dass ich mich tief im Unterholz wiederfinde. Meinen Zielort Leisterförde kann ich schon sehen, aber eine Brücke über diesen Bach gibt es nicht. Erst als ich mich mehrere hundert Meter durch das verwachsene Ufer geschlagen habe, das voller Wildschweinspuren ist, finde ich diesen- sehr- provisorischen Übergang. Mit dem großen Rucksack und meiner geliebten Kamera krabbele ich vorsichtig über dieses wackelige, von Wasser durchströmte Bauwerk. Alle kommen wir heil und trocken auf der anderen Seite an. Was bin ich froh!!

Und zur Belohnung gibt’s Trekking-Food. Versorgungsmöglichkeiten gibt es in dieser einsamen Gegend keine und in meiner Unterkunft, der einzigen weit und breit, gibt es kein Essen. Also, Tüte auf, heißes Wasser rein, Tüte zu, 8 Minuten warten und genießen. Pasta Bolognese.

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  1. Angela aus Mölln sagt:

    Wow, alles was du schreibst und mit deinen Bildern dokumentierst ist sehr beeindruckend.
    Wie gut, dass du große Selbstfürsorge trägst.
    Sonst wärest du wohl schon verhungert.

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